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Umbau Lagerhaus Papieri-Areal Cham
Auswahlverfahren 2018, Ausführung 2020-2022

Geschichte & Hintergrund

Text: Oliver Tschirky Amt für Denkmalpflege und Archäologie Zug

…»Die Lagerhalle der ehemaligen Papierfabrik Cham ist ein schönes Beispiel dafür, wie ein historisches Gebäude auch ohne Unterschutzstellung denkmalgerecht saniert werden kann. Waren die Bauten der frühen Papierfabrik im 19. Jahrhundert noch vorwiegend einfache, doch sorgfältig ausgeführte Werkstatt- und Lagergebäude, so liess sich die Papierfabrik Cham ihre qualitätsvollen Fabrikbauten ab dem 20. Jahrhundert von externen Architekturbüros und Unternehmungen erstellen. Die klassizistisch geprägten oder der Moderne verpflichteten Zweckbauten prägen bis heute das Erscheinungsbild des Areals wesentlich. Ab 1928 bis 2004 führte die Papierfabrik zugleich ihr eigenes Baubüro, das einige der herausragenden Gebäude entwarf und anschliessend Ingenieure mit der Ausführung beauftragte. Dazu zählt auch das 1928 erstellte Lagerhaus, das als Umschlagsplatz zwischen Bahnanschluss und dem Fabrikareal diente.

Die Erstellung fällt in die Zeit der grossen Produktionssteigerungen. Das langestreckte Lagerhaus liegt im süd.stlichen Arealbereich zwischen dem Portierhaus (Ass. Nr. 30g) und den Industriegleisen, dem ehemaligen Hauptzugang respektive dem Bahnanschluss der Papierfabrik. Ein Geleise endet am Ende der Laderampe, ein zweites folgte dem leicht ansteigenden Geländeverlauf und führte weiter in das Industriegelände. Mit seinen beidseitigen Laderampen und den weit vorstehenden Vordächern, dem filigranen Satteldach und den zwei Dachlaternen wirkt der funktional und ohne repräsentative Stilmittel gestaltete Bau dennoch schmuck und elegant. Die Wände des symmetrischen Massivbaus sind mit Zementsteinen gemauert, der Sockel besteht aus Sichtbeton. Das Pfettendach ist mit einem stehenden Stuhl mit Mittelstütze, Streben und Zangen konstruiert. Eine Flugpfettenkonstruktion trägt an den Längsfassaden das weit auskragende Vordach, das die Laderampe an der östlichen Gleisseite und kleinere Rampen und Zugangstreppen an der Westseite schützt. Regelmässig angeordnet sind Tore und darüber liegend rechteckige Fenster mit Sprossen und einem hohen Sturz in Sichtbeton. Die südliche Giebelseite ist symmetrisch mit zwei grossen und einer kleinen Verglasung, alle ebenfalls mit Sprossen und markantem Sichtbetonsturz, gegliedert. Im Innern war ursprünglich eine zweite, offene Ebene als Holzkonstruktion eingebaut.»...

Architektur & Materialisierung
Ziel der Sanierung war es, den Charakter des Gebäudes aus den späten 1920er Jahren möglichst zu erhalten. Die meisten baulichen Eingriffe wurden denkmalgerecht im Sinn von additiven, minimalinvasiven und reversibelen Massnahmen umgesetzt. Das bestehende hellgraue Sichtmauerwerk mit seinen massiven Betonstürzen, welche die regelmässig angeordneten Öffnungen des Gebäudes überspannen, wurde während der Sanierung lediglich gereinigt und behaltet so die über die Jahre erlangte Patina. Von aussen deuten das frisch eingedeckte Dach, die neu erstellten Absturzsicherungen entlang der Rampe und die neuen petrolfarbenen Fenster sowie Aussentüren auf eine neue Nutzung hin. Um das Gebäude ganzjährlich nutzen zu können, wurden die bestehenden Aussenwände im Gebäudeinneren mit einer zusätzlichen Schicht Porenbetonsteinen ergänzt. Durch die rohe Oberfläche dieser Dämmschicht wird eine ähnliche Ästhetik erzielt, wie sie beim historischen Mauerwerk vorzufinden ist. Derselbe Charakter widerspiegelt sich auch bei den Innenwänden. Die in Holzständerbauweise ergänzte Raumunterteilung wurde mit zementgebundenen Spanplatten verkleidet. Diese sind in ihrer Beschaffenheit ebenfalls roh, übermitteln durch das präzise Fugenbild und die regelmässig angeordneten Schrauben jedoch trotzdem eine bescheidene Eleganz. Nach oben schliesst das neu eingedeckte und gedämmte Dach das Lagerhaus ab. Die neu montierte Deckenuntersicht, welche sich wie eine Membrane über die gesamte Gebäudelänge zieht, wird dabei regelmässig von der historischen Dachkonstruktion durchdrungen. Während die bestehende, über die Jahre stark nachgedunkelte Struktur die Geschichte des Gebäudes zu erzählen vermag, fügt sich die aus Dreischichtplatten gefertigte Dachuntersicht auf zurückhaltende Weise.

Nutzungskonzept
Das Lagerhaus an der Fabrikstrasse 9 in Cham ist in der Länge in zwei symmetrische Einheiten unterteilt, welche über einen mittig angeordneten Kern erschlossen werden. Betritt man das Gebäude gelangt man in das öffentliche Foyer, von welchem eine raumhaltige Treppe das Erdgeschoss mit dem darüberliegenden Galeriegeschoss verbindet. Auf der unteren Ebene des Kerns befinden sich die gemeinsam genutzten Toiletten, sowie Technikräume, welche sich über beide Geschosse verteilen. Wie die Personenerschliessung ist auch die Erschliessung der Haustechnik über den zentral angeordneten Kern organisiert und versorgt die Nord- und Südeinheit des Gebäudes mit klimatisierter Frischluft und Strom. Durch das sehr einfach gehaltene Konzept sind zwei funktionell getrennte Einheiten entstanden, welche durch die unterschiedliche Mieterschaft multifunktionell genutzt werden können.

Bauherr*in: Einwohnergemeinde Cham

Fotografien: Regine Giesecke

Bauingenieur*in: Moos Bauingenieure AG

Elektro Ingenieur*in: Scherler AG

Gebäudetechnik: Andy Wickart Haustechnik AG

Akustiker*in: Akustik Projekt Reichmuth

Bauphysiker*in: pbb Ingenieure AG

Brandschutz: Gsell Sicherheit GmbH