Ballwil

Projektwettbewerb Sanierung Gemeindehaus Ballwil | 2022 | im offenen Verfahren

Städtebau & Architektur
Das ehemalige Schulhaus in Ballwil welches 1895 erbaut worden ist und 1937 erweitert wurde, soll durch eine Sanierung in die Zukunft überführt werden. Wie aus der Analyse hervorgekommen ist, hat der nördlich an den Kernbau angebaute Teil nur einen geringen bauhistorischen Wert. Entsprechend wird dieser zurückgebaut und bietet Platz für einen neuen Anbau. Das Gebäude welches heute als Gemeindehaus genutzte wird, soll durch die Sanierung und Erweiterung den heutigen Ansprüchen angepasst werden und zusätzliche Nutzungen unterbringen.

Das Raumprogramm erfordert ein relativ grosses Neubauvolumen. Damit dieses den Bestandsbau nicht zu stark konkurrenziert, wird der Neubau leicht abgedreht und soll so, im Gegensatz zum momentanen Erweiterungsbau, als eigenständiges Volumen gelesen werden. Durch das Abkippen parallel zur nördlich ansteigenden Ambar Strasse ragt ein schmaler Streifen der Neubaufassade in den Strassenraum und schafft so eine klare Zugangssituation Richtung Westen. An dieser Stelle spannt sich eine offen gestaltete Eingangshalle zwischen die beiden Volumina, welche einerseits das Treppenhaus des Neubaus bedient in erster Linie aber als Foyer für die Gemeindeverwaltung genutzt werden soll.

Wie auch das Bestandsgebäude baut der Neubau auf einer klassischen Dreiteilung auf. Der verputzte Bossensteinsockel wird beim Neubau in eine vorgehängte Betonelementfassade übersetzt, welche über das Stocken von Teilflächen einen ähnlichen Detaillierungsgrad zum Ausdruck bringt. Die darüberliegende Holzschalung des Mittelteils erhält durch die Schirmbretter in erstere Linie eine vertikale Feingliedrigkeit. Diese wird jedoch durch den Geschossversatz horizontal unterbrochen und schafft dadurch ein harmonisches Verhältnis zwischen horizontaler und vertikaler Gliederung, wie das auch beim Bestandsbau der Fall ist.

Das Dach des Neubaus schliesst das Gebäude nach oben ab. Der First orientiert sich dabei parallel zur nördlich ansteigenden Ambar Strasse. Die drei Dachaufbauten, welche sich in unterschiedlichen Grössen über die Dachfläche verteilen, verleiht dem Gebäude, welches sonst eher dezent in Erscheinung tritt, eine gewisse Spannung.

Freiraumkonzept
Der Aussenraum soll die beiden Gebäude möglichst unbefestigt umgreifen. Über organisch geformte Plätze bewegt man sich rund um das neue Gemeindehaus. Während diese kleinteiligen, von Bäumen und Sträuchern besäumten Aussenräume Platz für unterschiedliche Nutzungen bietet, lichtet sich die Situation Richtung Osten zu einem grossen offenen Dorfplatz welcher während den wärmeren Monaten auch als Marktplatz oder für einen Apero genutzt werden kann. Die unterschiedlichen Grössen und Beschaffenheiten der Plätze zwischen dem Gemeindehaus und dem bestehenden Mehrzweckgebäude soll die Kinder der Tagesstruktur und der KITA animieren zum verweilen, spielen und sich auszutoben.

Brandschutzkonzept
Für die beiden Gebäudeteile gibt es jeweils ein separates Fluchtreppenhaus welches ins Freie führt. Somit bilden sie separate, voneinander getrennte Brandabschnitt. Die Räume mit potenziell hohen Personenbelegung sind Parterre angeordnet. Somit besteht für den Mehrzweckraum, die beiden Sitzungsräume und die Richtung Osten ausgerichtete Tagesstruktur, die Möglichkeit direkt nach draussen zu flüchten.

Nutzungskonzept
Während der historische Teil sämtliche Räumlichkeiten der Gemeindeverwaltung unterbringt, bietet die neu angebaute Struktur die nötige Flexibilität für die restlichen Nutzungen. Im Erdgeschoss des Neubaus befinden sich die öffentlichsten Räume wie der Multifunktionsraum sowie die beiden Sitzungsräume welche einerseits durch die Gemeindeverwaltung aber auch durch die Öffentlichkeit genutzt werden können. Die beiden Obergeschosse sind in ihrer Grundstruktur identisch aufgebaut. Entsprechend können darauf sämtlich geforderten Nutzungen unterbracht werden. Zur Tagesstruktur respektive der KITA kann somit wahlweise eine Richtung Westen ausgerichtete 3.5 Zimmer Wohnung oder ein über zwei Geschosse organisiertes Büro realisiert werden. Die flexible Gebäudestruktur erlaubt es, auf den beiden Obergeschossen, zudem reine Wohngeschosse mit je einer 4.5 Zimmer, einer 3.5 Zimmer und einer 2.5 Zimmer Wohnung zu realisieren. Durch den Niveauversatz schliesst das Terrain des Neubaus ostseitig an das 1. Obergeschoss an. Die vom Projekt vorgeschlagene Variante ordnet die Tagestruktur auf dem genannten Geschoss an und gewährt somit einen direkten Zugang zum Aussenraum Richtung Osten. Das darüberliegende Geschoss bietet Platz für die KITA. Diese kann über den Verbindungstrakt bei Bedarf mit der 2.5 Zimmer Wohnung des Bestandsbau zusammengeschlossen werden. Das Dachgeschoss des Neubaus ist als reines Wohngeschoss ausgebildet. Die Zwei 3.5 Zimmer Wohnungen richten sich nach Westen respektive nach Osten aus.

Im Bestandsbau soll die Gemeindeverwaltung über zwei Geschosse unterbracht werden. Die Fläche der Verwaltung weitet sich im Erdgeschoss um das Foyer aus und kann bei Bedarf um die Sitzungsräume erweitert werden. Diese sind im Neubau so angeordnet, dass sie zusammen mit der Toilettenanlage auch von der Öffentlichkeit genutzt werden können. Das Dachgeschoss bietet zusätzlichen Platz für den Multifunktionalen Pausenraum der Gemeinde. Dieser verfügt zudem über einen Richtung Osten Ausgerichteten geschützten Aussenraum.

Wirtschaftlichkeit & Nachhaltigkeit
Die Erweiterung des Gemeindehauses Ballwil soll in einer Hybridbauweise erstellt werden.

Durch die Holz-Beton-Verbunddecken kann zum einen der Brandschutz einfach gelöst werden, zum anderen bietet die Masse des Betons wesentliche Vorteile in Sachen Schallschutz bei gleichzeitig schlanken Querschnitten der Decken. Da die definitive Nutzungszusammenstellung und die damit verbundenen akustischen Anforderungen im Neubau nicht ganz klar sind, scheint die Mischbauweise gegenüber einer reinen Holzbauweise für dieses Projekt geeigneter zu sein.

Um den Bestandsbau akustisch wie auch brandschutztechnisch zu sanieren, werden die bestehenden Decken im ersten und zweiten Obergeschoss ebenfalls durch Holz-Beton Verbunddecken ersetzt. Dies fordert zwar den Rückbau der bestehenden Decken, ermöglicht jedoch, dass Räume und Nutzungen zwischen Bestands- und Neubau schwellenlos zusammengeschlossen werden können, ohne dabei auf mehrere separate Lifterschliessungen setzen zu müssen. Raumseitig kann eine innere Schicht aus Mineraldämmstein durchgezogen werden, welche die äussere Erscheinung des historischen Schulhauses aus den 1895er Jahren bewahrt.

Für die hauseigene Stromgewinnung werden die Dachflächen des Neubaus mit Photovoltaikpanels eingedeckt. Damit diese von Strassenraum trotz Satteldach nicht zu stark auffallen werden die Panels ausschliesslich auf den Lukarnen montiert. Für eine Ost- Westausrichtung der PV-Anlage eignet sich die Neigung der Lukarnen mit 5° optimal und eine Verschattung der Anlage während des Tages wird vermieden. Somit kann mit rund 16.7 Watt pro m2 Energiebezugsfläche (Vorgabe 10 Watt/m2) gerechnet werden. Die gewonnene Energie kann durch die erwarteten Nutzungen im neuen Gemeindehaus direkt bezogen werden.

Der geforderte Minergie Standard stellt zwar bereits einige Ansprüche an die Gebäudehülle, beim Neubau wurde jedoch darauf geachtet, das Volumen durch den quadratischen Fussabdruck möglichst kompakt zu halten und dadurch die Fassadenflächen des Gebäudes zu minimier.

Materialisierung
Der Erweiterungsbau wird in einer Hybridbauweise erstellt. Die primär dafür verwendeten Materialien Beton und Holz sollen auch im weiteren Ausbau des Gebäudes möglichst natürlich zum Ausdruck kommen. So sollen beispielsweise Wände und Decken aus Beton weitgehend unverkleidet bleiben. Auch die konstruktiven Brettstapeldecken bleiben in sämtlichen Räumen sichtbar. Die Oberflächen werden lediglich durch Schlämmen oder Stocken in ihrer Ästhetik veredelt. Die feinen Innenausbauten aus Holz sowie die feingliedrigen Metallarbeiten sorgen für den wohnlichen Charakter, welcher sich durch das gesamte Gebäude zieht. Im Aussenraum steht dann das verputzte, steinerne Bestandsgebäude, dem hölzernen Neubau gegenüber. Diese unterscheiden sich in der Materialität und ihrer Farbigkeit voneinander, werden aber über kleingliedrige Details zu einem eloquenten Ensemble zusammengefasst.